Kiefern machen Platz für seltenes Blaugrünes Schillergras

Mitte Februar beginnen die Maßnahmen zur Entkusselung und Gehölzentnahme im westlichen Teil der Elbtaldünen bei Klein Schmölen im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe M-V. Mit dem Auflichten werden die europaweit stark gefährdeten offenen Binnendünen gesichert und der Lebensraum für Charakterarten wie das Blaugrüne Schillergras verbessert.

Bleibt die Nutzung aus, breiten sich Gehölze aus und offene Sandstellen verschwinden. © A. Middelschulte
Bleibt die Nutzung aus, breiten sich Gehölze aus und offene Sandstellen verschwinden.

„In früheren Zeiten wurden auch die Binnendünen bei Klein Schmölen mit Schafen und Ziegen beweidet. Heutzutage lohnt sich das nicht mehr. Als Folge breiten sich nun Gehölze wie die Kiefer aus und führen zu einem Rückgang der für viele Tier- und Pflanzenarten wichtigen offenen Dünenbereiche“, erläutert Projektverantwortliche Antje Middelschulte vom Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe. Ein weiteres Problem ist immer offensichtlicher zu erkennen und wurde durch regelmäßiges Kartieren der Dauerbeobachtungsflächen auf der Binnendüne bestätigt: „Nährstoffliebende Allerweltsarten wie Drahtschmiele, Land-Reitgras und Glatthafer breiten sich immer weiter aus – nicht nur in den verschatteten Dünenbereichen. Zunehmender Nährstoffeintrag in den mageren Dünenboden durch Stickstoffoxide aus der Luft lässt auch die offenen Bereiche immer weiter vergrasen und drängt das gefährdete Blaugrüne Schillergras (Koeleria glauca) und andere Rote Liste Arten, z.B. die Heide-Nelke (Dianthus deltoides), zurück“.

Für solche europaweit besonderen Lebensräume, wie sie auf der Binnendüne Klein Schmölen zu finden sind, trägt das Land Mecklenburg-Vorpommern eine hohe Verantwortung. Diese liegen vollständig in der Pflegezone des UNESCO-Biosphärenreservates Flusslandschaft Elbe M-V und sind mit dem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) „Elbtallandschaft und Löcknitzniederung bei Dömitz“ Bestandteil des „Natura 2000“-Netzes. Alle EU-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, den Zustand der GGB zu erhalten und zu verbessern.

Vom Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe wurden daher verschiedene „Maßnahmen zur Sicherung eines günstigen Erhaltungszustandes“ mit dem zuständigen Forstamt Kaliß und der Stadt Dömitz als Flächeneigentümer abgestimmt: „Zunächst wird im Februar im westlichen Dünenbereich der Kiefernaufwuchs entnommen und einige Kiefernsolitärbäume werden freigestellt. Das beauftragte Unternehmen ist die Firma Indorf aus Dömitz. Dadurch erhöht sich die Angriffsfläche für den Wind auf die weiter östlich liegenden offenen Binnendünen wodurch der offene Charakter erhalten wird.“

Weitere Pflegemaßnahmen folgen bis zum Projektabschluss im März 2025: „Nach der Entkusselung soll der Oberboden stark vergraster sowie mit dem invasiven Kaktusmoos dominierter Vegetationsdecken abgeplaggt werden“, blickt Middelschulte voraus. Danach soll eine jährliche Beweidung mit einer genügsamen Schafsrasse dafür sorgen, aufkommende Gehölze klein zu halten.
 

Das Projekt wird von der EU durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (ELER) gefördert. Weitere Informationen zum Projekt erhalten Sie beim Biosphärenreservatsamt: Tel. 0385 58863100.



Hintergrundinformationen:

  • In Mecklenburg-Vorpommern kommen die beiden prioritären FFH-Lebensraumtypen „6120 Kalkreiche Trockenrasen und dessen Charakterart Blaugrünes Schillergras“ sowie „2330 Dünen mit offenen Grasflächen mit Corynephorus und Agrostis“ (Offene Grasflächen mit Silbergras und Straußgras auf Binnendünen) im Bereich sandiger Grund- und Endmoränen mit Sandern sowie im Randbereich des Stromtals der Elbe vor.
  • Das Blaugrüne Schillergras (Koeleria glauca) bildet typische blau-grüne Grasposter aus und wird mit seinen Halmen ca. 20-60 cm hoch. An extreme Witterungsbedingungen wie trockene Sommer oder winterliche Fröste bis minus 40°C ist es gut angepasst. Problematisch wird es für das Blaugrüne Schillergras eher, wenn offene kalkreiche Sandstellen mit genügend Licht und guten Keimungsmöglichkeiten für den Samen fehlen.
  • Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) wurden bisher als FFH-Gebiete bezeichnet. Die EU-Mitgliedstaaten haben knapp ein Fünftel der EU-Landfläche als Natura-2000-Flächen deklariert, insgesamt über 27.000 Gebiete, in Deutschland über 5.000 Gebiete. Zu den Natura 2000-Schutzgebieten zählen neben den GGB auch die Europäischen Vogelschutzgebiete (Special Protection Area/SPA).
Ein Ranger zeichnet die zu entnehmenden Kiefern im Dünenbereich aus. © D. Bauer
Ein Ranger zeichnet die zu entnehmenden Kiefern im Dünenbereich aus.
Ein Ranger zeichnet die zu entnehmenden Kiefern im Dünenbereich aus.
Zunehmender Nährstoffeintrag führt zur Vergrasung und zum Rückgang der lebensraumtypischen Arten im Dünenbereich. © A. Middelschulte
Zunehmender Nährstoffeintrag führt zur Vergrasung und zum Rückgang der lebensraumtypischen Arten im Dünenbereich.
Zunehmender Nährstoffeintrag führt zur Vergrasung und zum Rückgang der lebensraumtypischen Arten im Dünenbereich.
Kaktusmoos auf der Binnendüne Klein Schmölen © A. Middelschulte
Kaktusmoos auf der Binnendüne Klein Schmölen
Kaktusmoos auf der Binnendüne Klein Schmölen