Lebensräume

Jedes Biosphärenreservat repräsentiert einen bestimmten Landschaftstyp. Im Fall des länderübergreifenden Biosphärenreservates Flusslandschaft Elbe ist es eine der letzten relativ naturnahen Stromlandschaften Mitteleuropas.

Naturräumlich ist das Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe der Großlandschaft des "Norddeutschen Tieflandes" zuzuordnen. Der mecklenburgische Gebietsteil erstreckt sich dabei vor allem über die Haupteinheit der eigentlichen "Elbtalniederung", zu der der Flusslauf, die Auen, Altarme, das Auengrünland und vor allem die ausgedehnten Niederungen der Nebenflüsse Sude, Schaale, Krainke, Rögnitz, Löcknitz und Elde gehören. Weiter nördlich grenzt außerdem eine weitere Haupteinheit an, das "Südwestliche Vorland der mecklenburgischen Seenplatte".

Landschaftsprägend sind hier die Binnendünengebiete, die saalezeitlichen Hochflächen und die eingebetteten Niederungen der Elbnebenflüsse, die durch den Wechsel von Hoch- und Niedrigwasser des Elbstroms maßgeblich geprägt werden. Eine Besonderheit im Biosphärenrerservat ist die enge Verzahnung der besonders schützenswerten Trockenbiotope mit Feuchtgebieten auf engstem Raum.

Die wichtigsten Lebensräume in der Flusslandschaft Elbe stellen wir Ihnen nachfolgend kurz vor:

Gewässer

Sommerliches Buhnenfeld an der Elbe © D. Foitlänger
Sommerliches Buhnenfeld an der Elbe

Fließgewässer und Uferbereiche
 

Die Gewässer und insbesondere die Fließgewässer bilden als Kernstück und verbindendes Element den charakteristischen Lebensraum im Elbetal. Insbesondere der Elbstrom weist eine hohe Strukturvielfalt auf:

  • Flussbett mit Sand- und Schlammbänken aufgrund von Abtrags- und Auflandungsprozessen,
  • strukturreiche Uferzonen einschließlich der Buhnenfelder mit ausgedehnten wechselnassen Kies-, Sand- und Schlammflächen,
  • Überschwemmungsaue mit Flutrinnen und Altwässern.
     

Die Elbe ist ein nährstoffreiches Fließgewässer mit hoher Schwebstofffracht und geringen Sichttiefen. Infolge starker Wasserstandsschwankungen nimmt der Uferbereich relativ große Flächen ein. Daraus resultieren besondere Vegetationskomplexe aus Uferpionierfluren, Uferstaudenfluren, Röhrichten, Flutrasen, Weichholzauen-Gehölzen und Hartholzauen, die Lebensraum für typische und z.T. gefährdete Stromtalpflanzen sind. Insbesondere an der Elbe aber auch an den Nebenflüssen entwickeln sich bei Niedrigwasser kurzlebige Uferpionierfluren aus Strandlings- und Zwergbinsengesellschaften auf Kies- und Sandbänken sowie auf Schlammflächen in Stillwasserbereichen. Charakteristische Arten sind u. a. Hirschsprung (Corrigola litoralis), Igelsamiger Spärkling (Spergularia echinosperma), Ysop-Weiderich (Lythrum hyssopifolia) und Schlammling (Limosella aquatica). Unterhalb der Mittelwasserlinie siedeln artenreiche Zweizahn-Fluren, z.B. mit Strahlen-Zweizahn (Bidens radiata). Die flach überschwemmten Bereiche sind wichtige Kinderstuben für Fische und Amphibien. Nach dem Rückgang des Wassers bieten dann ausgedehnte Sandflächen und die Schlickablagerungen in den Buhnenfeldern reiche Nahrungsquellen für Limikolen.

Brodarer Brack bei Rüterberg © A. Hollerbach
Brodarer Brack bei Rüterberg

Stillgewässer und Verlandungsbereiche
 

Der Flächenanteil der Stillgewässer am Biosphärenreservat ist relativ gering. Trotzdem sind stehende Gewässer besonders charakteristische Elemente in der Aue, an die eine große Zahl von Pflanzen- und Tierarten gebunden sind. Durch die infolge Ausbau und Eindeichung verringerte Hochwasserbeeinflussung der Aue sowie Verlandungsprozesse und die Verfüllung von Kleingewässern sind diese auentypischen Strukturen besonders gefährdet. Stillgewässer sind in verschiedenen Ausprägungen anzutreffen, vielfach mit gut ausgebildeter Wasser- und Ufervegetation. Es existieren einige natürliche Kleingewässer im Bereich der Flussaue,  wie z.B. Bracks. Das sind vom Fluss abgeschnittene und in der Regel mit dem Hauptlauf verbundene Altarme und Flutrinnen sowie völlig vom Fluss abgetrennte Altwasser und Kolke, die infolge der Wassererosion bei Hochwasser entstehen. Diese Gewässer gehen als Lebensräume infolge der abnehmenden flussdynamischen Prozesse und der somit fehlenden Neuentstehung zunehmend verloren.

Wälder

Weichholzauwald im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe M-V © S. Schneider
Weichholzauwald an der Elbe

Auwälder
 

Das länderübergreifende Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe hat eine herausragende Bedeutung für die Erhaltung und Entwicklung von Auwäldern. So gibt es insgesamt über 9.000 ha Auwälder, darunter die größten zusammenhängenden Hartholzauwälder Mitteleuropas, die sich zwischen Barby und Griebow im sächsisch-anhaltinischen Gebietsteil befinden. Im mecklenburgischen Teilgebiet finden sich nur ca. 180 ha Auwald. Auwälder zählen zu den artenreichsten und besonders bedrohten Biotoptypen in Mitteleuropa. Die Hartholzauwälder sind europaweit geschützte Lebensraumtypen nach Anhang I der FFH-Richtlinie (FFH-Lebensraumtyp 91F0). Die Weichholzauen spezifischer Ausprägung gehören sogar zu den prioritären Lebensräumen (FFH-Lebensraumtyp 91E0). Wenn die Aue der Flusslandschaft Elbe heutzutage ganz ohne menschliche Eingriffe wäre, dann wären weite Flächen entlang des Elbstroms mit großflächigen Hartholzauwäldern bestockt (die sogenannte "potenzielle natürliche Vegetation" der Stromtalauen).

Erlenbruch in der Schaaleniederung im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe M-V © D. Foitlänger
Erlenbruch in der Schaaleniederung

Bruch- und Erlen-Eschenwälder
 

Im Gegensatz zu den Auwäldern sind Bruch- und Erlen-Eschenwälder auf einen ständig hohen Grundwasserstand angewiesen und vertragen keine regelmäßige starke Austrocknung. Innerhalb der vom schwankenden Elbwasserstand geprägten Aue haben sie daher nur eine geringe natürliche Verbreitung, z.B. in den tiefliegenden, vernässten Auenrandsenken. In den Niederungen der kleinen Elbnebenflüsse finden sie sich dagegen teilweise in größerer Häufigkeit. Die Bruchwälder lassen sich in die Typen Erlenbruch, Birkenbruch und Kiefernbruch unterteilen, wobei die beiden letzten zu den prioritären Lebensräumen zählen (FFH-Lebensraumtyp 91D0). Erlen-Eschenwälder an Fließgewässern zählen ebenfalls zu den prioritären Lebensräumen (FFH-Lebensraumtyp 91E0). Dabei sind die Erlen-Eschenwälder in der Regel nur kleinflächig entlang von Fließgewässern oder an Quellen ausgebildet.

Grünland

Wechselfeuchtes Auengrünland mit Kuckuckslichtnelke an der Schaale im ehemaligem Polder Blücher. © D. Foitlänger
Wechselfeuchtes Auengrünland entlang der Schaale.

Wechselfeuchtes Auengrünland


Charakteristisch für die Elbaue ist das wechselfeuchte Auengrünland, das je nach Lage, Feuchte bzw. Überflutungsdauer, Bodenart und Nutzungsweise viele verschiedene Pflanzengesellschaften umfasst. Aufgrund seiner artenreichen Ausbildung und der subkontinentalen Prägung ist es von besonderem floristischen Interesse. Im Gegensatz zu den "echten" Feuchtwiesen sind wechselnde Wasserstände mit gegebenenfalls erheblicher Austrocknung bei Niedrigwasserstand der Elbe typisch. Charakteristische Wiesengesellschaften sind u. a. Brenndoldenwiesen (FFH-Lebensraumtyp 6440), Glatthafer- und Wiesenknopf-Silgenwiesen (FFH-Lebensraumtyp 6510), Straußampfer-Margeritenwiesen und Sumpf-Platterbsenwiesen. Floristisch stark verarmtes wechselfeuchtes Auengrünland findet sich großflächig im Elbvorland und in der Qualmwasserzone. In diesen Beständen dominieren Wiesen-Fuchsschwanz (Alopecurus pratensis) und Quecke (Agropyron repens). Bestände gut ausgebildeter Stromtalwiesengesellschaften bestehen daher nur noch auf wenigen Flächen. Weitere Schwerpunkträume der Auenwiesen befinden sich auch im Hochwasserüberflutungsbereich der Elbenebenflüsse Sude, Schaale, Rögnitz und Löcknitz.

Weißstorch auf einer Feuchtweide im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe M-V © B. Fellner
Weißstorch auf einer Feuchtweide

Feuchtgrünland
 

Eine Feuchtwiese ist gemähtes oder beweidetes Grasland dauerfeuchter, oft vermoorter Standorte. Typisch ausgebildete Feuchtwiesen (Sumpfdotterblumenwiesen, Kohldistelwiesen, Wassergreiskrautwiesen) finden sich vereinzelt am Talrand der Elbaue und in den Nebenflussniederungen.

Feuchtweiden beherbergen meist weniger gefährdete Pflanzenarten als Feuchtwiesen und treten nur als Standweiden mit kontinuierlicher Beweidung und geringer Besatzdichte in artenreichen Ausprägungen auf. Wenn Feuchtgrünland brach fällt entstehen feuchte Hochstaudenfluren, Großseggenrieder, Rohrglanzgrasrieder oder Landröhrichte. In länger überstauten Senken innerhalb des Grünlandes bilden sich Flutrasen aus niedrigwüchsigen, ausläufertreibenden Arten aus.

Frischwiese zwischen Deich und Altarm © D. Foitlänger
Frischwiese zwischen Deich und Altarm

Frischwiesen und Frischweiden
 

Frischwiesen (wie z.B. Glatthaferwiesen) und Frischweiden (z.B. Weidelgras-Weißklee-Weiden) gibt es insbesondere in der eingedeichten und entwässerten Elbaue noch in großer Zahl. Gefährdet sind die typisch ausgeprägten, artenreichen Wiesen- und Weide-Gesellschaften, die sich unter extensiver Nutzung (mäßige Düngung, zwei- bis dreischürige Mahd) auf mageren und trockenen Standorten ausbilden. Besonders kraut- und artenreich sind die trockenen und mageren Ausbildungsformen der Frischwiesen im Übergang zu den Trockenrasen, die z.B. über weite Strecken auf den alten Elbdeichen, wie in der Rögnitzniederung [pdf 5,0 MB] .

Trockenrasen und Heiden

Dünen, Niederterrassen und steile entwaldete Talhänge bilden die Standorte der Magerrasen, Trockenrasen und Heiden. Trockenrasen und Heiden haben einen hohen Wert als Lebensräume u.a. von Reptilien (z.B. Zauneidechse), von verschiedenen Insekten (spezialisierte Heuschrecken, Schmetterlinge, Lauf- und Sandlaufkäfer, Ameisenlöwen und Stechimmen) oder Spinnenarten. Diese beiden Lebensräume sind mit Ausnahme der militärisch genutzten Flächen (z.B. ehemaliger Truppenübungsplatz Lübtheen) in der Regel durch Beweidung nährstoffarmer und trockener Flächen mit Schafen oder Ziegen entstanden. Diese ist heute oft nicht mehr wirtschaftlich. Daher verschwanden die meisten dieser Flächen insbesondere durch Aufforstung und Sukzession. Eine Beeinträchtigung stellen die flächigen Stickstoff-Einträge aus der Luft dar, die stickstoffliebende Gräser und Stauden gegenüber den Trockenrasenpflanzen begünstigen.

Sandtrockenrasen mit Silbergras auf der Binnendüne Klein Schmölen im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe M-V © O. Ulmer
Sandtrockenrasen auf der Binnendüne Klein Schmölen

Sandtrockenrasen
 

Aufgrund des Niederschlagsniveaus existieren im Biosphärenreservat keine von Natur aus waldfreien Trockenrasen, sondern saure Sandtrockenrasen, auf denen der Gehölzaufwuchs wegen der geringen wasserhaltenden Kraft des Bodens und der schlechten Nährstoffversorgung gebremst ist, und außerdem durch menschliche Eingriffe immer wieder entfernt wird (Abholzung, Beweidung, Mahd, Brand, Vegetationsverletzung durch Befahren oder Betreten). Es lassen sich lückige Silbergrasfluren als Pioniergesellschaften und mehr oder weniger geschlossene botanisch reichere Grasnelkenfluren unterscheiden. Trockenrasen treten relativ kleinflächig und zerstreut auf flussnahen Dünen sowie elbferner, meist in Form von Silbergrasfluren, z.B. auf dem Binnendünen bei Gothmann und auf den Binnendünen bei Klein Schmölen auf. Als Besonderheit sind auf basenreicheren Standorten gelegentlich Blauschillergrasrasen ausgebildet (prioritärer FFH-Lebensraumtyp 6120). Charakteristische bzw. geschützte Arten der Trockenrasen sind u. a. das Blau-Schillergras (Koeleria glauca), das Silbergras (Corynephorus canescens), die Sand-Grasnelke (Armeria elongata) und die Silberscharte (Jurinea cyanoides).

Blühende Besenheide auf Trockenrasen im UNESCO-Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe M-V © C. Winkler
Blühende Besenheide auf einem Trockenrasen

Trockene Heiden
 

Trockene Heiden saurer Sandstandorte (Calluna-Heiden, untergeordnet Besenginsterheiden) konnten sich ebenfalls nur durch menschlichen Einfluss, insbesondere auf militärischen Übungsflächen, in nennenswertem Umfang ausbilden. Sie nehmen heute nur einen sehr geringen Anteil meist als schmale wegbegleitende Bänder ein und treten flächenhaft z.B. auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Lübtheen und jetzigen Nationalen Naturerbe Lübtheener Heide [pdf 5,6 MB] auf. Die trockenen Heiden zählen zum FFH-Lebensraumtyp 4030 nach Anhang I der FFH-Richtlinie.

Moore

Moore sind grund-, boden- oder regenwasserabhängige Lebensräume, die verschieden starke Torfmächtigkeiten ausgebildet haben. Sie gehören zu den besonders gefährdeten Lebensräumen, die neben ihrer Funktion als Wasser-, Kohlenstoff- und Stickstoffspeicher gleichzeitig vielen spezialisierten Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum dienen. Innerhalb der Aue nehmen die Moore nur geringe Flächenausdehnungen ein und treten zumeist an den Talrändern auf. Die meisten Moore im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe liegen in den Nebenflussniederungen, wie z.B. der Rögnitz. Es handelt sich überwiegend um nährstoffreiche Niedermoore in den Niederungsbereichen der Elbenebenflüsse, die sich als Verlandungsmoore, seltener auch als Durchströmungs- bzw. Quellmoore charakterisieren lassen. Die Moore sind durch Entwässerungsmaßnahmen in der Regel degradiert.

Dünentalmoor mit Wollgras © B. Niebelschütz
Dünentalmoor mit Wollgras

Versumpfungs- und Dünentalmoore
 

Beispiele im mecklenburgischem Teilgebiet sind das eutrophe Versumpfungsmoor "Trebser Moor" und kleinflächige Niedermoore wie z.B. das Dünentalmoor "Die Bank" bei Woosmer. Die Moore sind den FFH-Lebensraumtypen 7140 (Übergangs- und Schwingrasenmoore) und 7120 (noch renaturierungsfähige degradierte Hochmoore) zuzuordnen. Typische Vertreter der Flora sind u. a. Schnabelsegge (Carex rostrata), Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum augustifolium), Sumpfblutauge (Potentilla palustris), Steifblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza incarnata), Strauß-Gilbweiderich (Lysimachia thyrsiflora) und verschiedene Torfmoose (Spaghnum spec.). Bewaldete Moorbereiche tragen Faulbaumgebüsche und Moorbirken-Erlen-Bruchwälder.

Gefährdungen der Moorstandorte treten infolge von Entwässerungsmaßnahmen und Grundwasserabsenkung, Eutrophierung, Intensivierung der Grünlandnutzung in Moorgebieten (häufige Mahd, Düngung), Grünlandumbruch sowie Aufforstung auf. Problematisch ist zudem die meist isolierte Lage und Kleinflächigkeit der Moore.

Ausführliche Informationen erhalten Sie im länderübergreifenden Rahmenkonzept für das Biosphärenreservat (Stand 2008) [pdf 2,8 MB]