Boizenburger Vorflut wird geschützt

„Zwei Fliegen mit einer Klappe!“, so lassen sich die Ziele des Naturschutzprojektes auf den Punkt bringen. Im Bereich des Boizenburger Klärwerks wird zukünftig sowohl der ordnungsgemäße Wasserabfluss im Gammgraben als auch der Schutz von Biber und anderen Tier- und Pflanzenarten gewährleistet werden.

Die Bauarbeiten für das alternative Verbindungsgewässer schreiten voran. © D. Foitlänger
Die Bauarbeiten für das alternative Verbindungsgewässer schreiten voran.

Seit einigen Jahren ist eine Biberfamilie in der Nähe des Gammgraben gegenüber der Kläranlage in Boizenburg heimisch. Der Gammgraben dient als wichtiger Vorfluter für die Stadt, in den u.a. die geklärten Abwässer und das Regenwasser eines angrenzenden Gewerbegebietes eingeleitet werden. Mit dem Gammgraben verbunden ist ein nahe gelegenes und dicht mit Weidengebüschen bewachsenes Grabensystem, welches auch den Bibern als Futterplatz dient. Wenn bei niedrigen Wasserständen die Verbindung unterbrochen wird, stauen die Biber das Wasser durch den Bau von Dämmen an, denn die ausgezeichneten Schwimmer meiden Wege über das Land. Durch diese Biberdämme wurde die Funktion des Gammgrabens eingeschränkt und es kam immer wieder in diesem Bereich zu Rückstauen. Aufgrund der wichtigen Bedeutung eines ungehinderten Abflusses im Gammgraben wurde bereits mehrmals die naturschutzrechtliche Genehmigung für den Rückbau der Dämme erteilt. Auch sogenannte Bibertäuscher kamen zum Einsatz. Doch keine der Maßnahmen führten zu einem langfristigen Erfolg.

Um einen ordnungsgemäßen Wasserabfluss des Gammgrabens dauerhaft zu gewährleisten, wird für die europaweit geschützte Tierart ein alternatives Verbindungsgewässer geschaffen, in dem die Biber schwimmend ihre Nahrungsquellen erreichen können. Das Stillgewässer mit dauerhafter Wasserführung wird auf einer Länge von ca. 120 m und einer Breite von 4 bis 5 m in Form eines Grabens mit natürlichen Biegungen angelegt. Das Gewässer hat eine Tiefe von ca. 1,5 m und verläuft zwischen der Biberburg und dem als Futterplatz dienenden Weidengebüsch. Damit eventuelle wasserbauliche Maßnahmen des Bibers keinen Einfluss auf den Wasserstand des Gammgrabens haben, ist der Alternativgraben vom Gammgraben abgekoppelt.

Das neue „Biotop aus zweiter Hand“ bietet nicht nur dem Biber einen neuen Lebensraum. Durch die unterschiedlichen Sohlbreiten und individuellen Böschungswinkel am Grabenufer entstehen viele unterschiedliche Nischen, von denen viele weitere Tier- und Pflanzenarten profitieren. Mit dem ausgehobenen Boden wird in unmittelbarer Grabennähe ein Hügel mit Steilwänden gestaltet, der u.a. ein neues Nisthabitat für den Eisvogel bietet. In die Steilwand werden künstliche Brutröhren einsetzt, denn je nach Bodenbeschaffenheit des aufgeschütteten Hügels schaffen es Eisvögel nicht immer, eine bis zu 80 cm lange Brutröhre selber zu graben. Außerdem nutzen Eisvögel für ihre Erst- und Zweitbruten meist verschiedene Röhren.

Lag in der Vergangenheit der Fokus bei Maßnahmen zur Landschaftsgestaltung eher auf Wirtschaftlichkeit, geht heute das Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe auf die Bedürfnisse der Lebewesen ein und möchte die Landschaft so wiederherstellen, dass sich potentielle natürliche Tier- und Pflanzenarten ansiedeln und entwickeln. Dafür ist das Projekt am Gammgraben ein gutes Beispiel. Der Biber verändert durch aktives Gestalten seine Umgebung und dadurch entsteht eine größere Strukturvielfalt sowie erhöhte Attraktivität des gesamten Lebensraumes für viele weitere Arten.

Ohne die Unterstützung der Stadt Boizenburg, des Pächters sowie durch den „Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums“ hätte das Projekt nicht umgesetzt werden können.

Daniela Bauer (l.) und Ranger Burkhard Fellner vom Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe am Rand des neu geschaffenen Stillgewässers. © D. Foitlänger
Daniela Bauer (l.) und Ranger Burkhard Fellner vom Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe am Rand des neu geschaffenen ...
Daniela Bauer (l.) und Ranger Burkhard Fellner vom Biosphärenreservatsamt Schaalsee-Elbe am Rand des neu geschaffenen Stillgewässers.
Ein Biberrevier wird in der Regel von einem Pärchen besetzt und verteidigt. Ihre Nahrungsgrundlage besteht aus Weichhölzern und größeren Wasserpflanzen. © O. Ulmer
Ein Biberrevier wird in der Regel von einem Pärchen besetzt und verteidigt. Ihre Nahrungsgrundlage besteht aus ...
Ein Biberrevier wird in der Regel von einem Pärchen besetzt und verteidigt. Ihre Nahrungsgrundlage besteht aus Weichhölzern und größeren Wasserpflanzen.
Das alternative Verbindungsgewässer kurz vor der Fertigstellung. © D. Bauer
Das alternative Verbindungsgewässer kurz vor der Fertigstellung.
Das alternative Verbindungsgewässer kurz vor der Fertigstellung.
Ranger zeigt eine künstliche Brutröhren für den Eisvogel. © D. Foitlänger
Zwei künstliche Brutröhren für den Eisvogel werden noch in einen Steilwandbereich des Erdhügels eingebaut.
Zwei künstliche Brutröhren für den Eisvogel werden noch in einen Steilwandbereich des Erdhügels eingebaut.